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Scham - was ist das eigentlich?

Scham - was ist das eigentlich?
Das habe ich mich neulich gefragt.
Dabei denke ich zwar auch an sexuelle Scham, aber zunächst erst einmal ganz allgemein:
Was ist Scham eigentlich?
Wo kommt Scham her, und wie entsteht sie?
Gibt es verschiedene Schamqualitäten?
Was bedeutet es, be-schämt zu sein?
Was entsteht aus Scham?

Es gibt bestimmt Fachliteratur dazu - kann mir jemand gute Bücher dazu empfehlen?

Darüber hinaus interessieren mich aber auch Eure Gedanken zum Thema und ich würde mich über einen Austausch dazu freuen, wobei ich da dann doch den Fokus gerne auf sexuelle Scham lenken würde.

Herzlich grüßt

erwil
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**o3 Mann
593 Beiträge
Hallo Erwil
Ich sehe das als eine philosophische Frage.. Aber Scham ist die Reaktion auf eine Handlung oder Tatsache die grob regelwidrig zu bestehenden Konventionen ist.
Scham
Das Gefühl von Scham ist oft begleitet von Unsicherheit, nicht aber damit gleich zu setzen. Wenn uns die mögliche Reaktion unseres Gegenübers verunsichert, empfinden wir oft Scham, wir genieren uns, genieren uns etwas Preis zu geben, dass uns peinlich ist.

Pein-lich, Schmerz.

Scham ist verknüpft mit einem unangenehmen Gefühl, oft konditioniert. Als Kinder springen wir nackt durch die Gegend und finden dies nicht im Geringsten seltsam. Nackt mit Mama, Papa oder Bruder zusammen in einer Wanne sitzen ist nichts schlimmes, das ist schön. Irgendwann (und kaum ein Mensch weiß, wann dies geschah) ist es uns peinlich nackt zu sein – auch vor Mama, Papa oder Bruder.
Wir bedecken unsere Scham, wenn jemand überraschend den Raum betritt. Scham um die eigene Sexualität wurde uns irgendwann anerzogen. Viele Beziehungen leiden darunter, dass Paare nicht einfach offen und ehrlich mit einander über ihr Sexualleben reden können. Sie schämen sich für ihre Lüste und befürchten den anderen Menschen mit einer ehrlichen Meinung oder sogar konstruktiver Kritik zu pein-igen.
Wir sind unsicher, haben Angst vor Fehltritten, Angst davor ausgelacht zu werden oder uns verletzlich zu machen.
Wovor wir uns schämen ist auch immer eine Frage der Kultur.

Wir schämen uns aber auch manchmal einfach gesagt zur falschen Zeit. Dann wenn wir im Mittelpunkt stehen, uns jemand lobt und wir damit einfach nicht umgehen können. Obwohl die Reaktionen der Anderen positiv sind, wollen wir im Boden versinken. Auch diese Momente können sehr unangenehm, also wieder peinigend sein.
Hier passt dann wohl wieder das „beschämt“ sein, es könnte der eben beschriebenen Situationen entsprungen sein.
Oder aber wir sind beschämt, wenn das schamhafte Verhalten, eines mit uns in Verbindung stehenden Menschen, auch unsere Scham berührt. -Mein Kind zieht auf seiner Abschlussfeier blank – Scheiße, das ist mein Kind, wie peinlich.-

Scham ist in unserer Gesellschaft leider viel zu häufig vertreten, für Dinge, die ein Mensch nicht beeinflussen kann.
Ein gesellschaftliches Problem. Viele Dinge, für die ein einzelner sich schämt, müssten nicht sein, wenn er von vornherein eine Akzeptanz seiner Gemeinde erwarten könnte, ich denke hier nur an die möglichen Schwierigkeiten eines „Outing“.

Mehr Empathie, mehr Verständnis füreinander, weniger Scham, weniger Pein, schöneres Leben. -Fin
Klassischer Text
Lieber Erwil,
ganz kurz – wie schon von anderen erwähnt, ist das Gefühl der Scham relativ zu als gültig erkannten moralischen, rechtlichen oder einfach konventionellen Regeln, die verletzt zu haben der/die Schämende überzeugt ist. Der philosophischen Implikationen gibt es einige (sehr interessante), doch die werden für Dich wahrscheinlich weniger von Interesse sein.
Im psychologischen/therapeutischen Kontext ist immer noch ein Standardwerk (unabhängig davon, was man im Einzelnen davon hält) das Buch von Léon Wurmser: Die Maske der Scham (aus der psychoanalytischen Richtung).
Gruß von i.
Eine philosophische Frage?
Ja, vielleicht auch.
Allerdings finde ich Scham im Leben von Menschen unseres und anderer Kulturkreises viel zu präsent, als dass ich lediglich eine philosophische Frage sein könnte.
Scham, bzw. ihre Verdrängung hat ja nun mal auch weitere Bedürfnisse zur Folge.

@*******otow

Danke für Deinen Post! Da steckt ja viel drin *top*
Sich zu schämen hat für mich etwas damit zu tun, dass man etwas getan hat, das man nicht tun sollte, von dem man aber entweder bewußt, oder intuitiv weiß, dass es nicht "in Ordnung" ist. Ich denke, das sehen sicher die meisten ähnlich.
"Wenn ich nicht ehrlich war, in meinem Handeln und meiner Absicht, dann schäme ich mich" antwortete mir neulich ein Freund zum Thema Scham.

Spannend finde ich Deine Gedanken zu "beschämt" werden - das hätte ich vermutlich eher fremdschämen genannt.
Für mich bedeutet beschämt werden etwas anderes:
Ich stelle mir ein Kind vor, das aus einem aufrichtigen Gefühl der Zuneigung z.B. einer Tante oder einem Onkel die Arme entgegenstreckt, weil es denjenigen/diejenige umarmen möchte. Und dieser Mensch, oder ein anderer Erwachsener würde das kommentieren mit den Worten: "Ach komm, Du willst ja nur wieder was Süßes kriegen!"
Ist das nicht Be-Schämung? Wenn einem Kind gesagt wird: Deine Absicht ist nicht lauter (im Sinne von aufrichtig). Etwas, wofür das Kind sich nicht schämen bräuchte, wird durch einen unterstellten Hintergedanken plötzlich "unanständig." Weil jemand, den das Kind liebt, glaubt, es wolle nur umarmen, um dafür etwas zu bekommen. In diesem Beispiel entsteht die Scham des Kindes nicht aus dem Kind heraus, sondern sie wird über das Kind ergossen.

Und ich frage mich, ob ein großer Teil der sexuellen Scham nicht auf eine ähnliche Art und Weise entstanden ist. Weil Menschen über Jahrhunderte und Jahrtausende gelernt haben, ihre Sexualität mit einem anderen Nutzen zu verbinden.
Danke @IntelliBi
Die Maske der Scham -
ist das ein gut lesbares Buch? Oder müsste der Autor sich für verschraubtes Dozieren schämen? *zwinker*
*******a07 Frau
32 Beiträge
Scham - wie sie entsteht
Schamenergie entsteht sehr subtil im Kindesalter.
Wer in der Kindheit von Eltern immer wieder hörte „Du solltest dich was schämen!“ oder „Schäm dich!“ spürt, dass Scham etwas Schmutziges sein muss.

Instinktiv müssen sich Kinder - die immer alles auf sich selbst beziehen - dann „falsch“ fühlen. Sie können ihre Eltern noch nicht infrage *zwinker* stellen. In ihnen reifen dann Gedanken, die ihnen die Würde nehmen und die dazu führen, sich selbst zu verurteilen *traurig* .
Nur wenige Menschen machen sich ihre Schamgefühle bewusst, sondern verdrängen sie. Verdrängte Scham schwelt aber in vielen Menschen. Sie erzeugt Minderwertigkeitsgefühle und Aggression.

*my2cents*

LG
Geo
weder noch
'beschämt werden' bedeutet eigentlich, dass ein anderer ohne Verpflichtung (ohne zu Zögern, ohne ein Wort zu verlieren und mit innerer Leichtigkeit) etwas tut, was ich selbst eigentlich tun sollte oder hätte tun sollen. Z.B. Ich sitze auf meinem Mobiltelephon daddelnd in der vollen Straßenbahn und übersehe (geflissentlich), dass eine alte, gehbehinderte Person auf einen Sitzplatz angewiesen wäre. Nachdem ich nun nicht aufstehe, tut es die schwangere Frau, die neben mir sitzt. Dies wäre eine klassische Situation des Beschämtwerdens (nämlich durch die schwangere Frau, und zwar indem ich mich daraufhin selbst schäme und/oder auch, indem Dritten meine Unzulänglichkeit vor Augen geführt wird).
Maske der Scham
Also wenn man nichts mit psychoanalytischem Vokabular und wissenschaftlicher Breite/Tiefe und Aufmachung anfangen kann, sollte man es wohl nicht zur Hand nehmen. Zur schnellen Information taugt es eher nicht.
Zur Maske der Scham: Anfangen kann ich damit schon etwas, es ist vielmehr die Frage, ob ich mir im Moment die Zeit dafür nehmen will. Danke für die Info!

Was Du in der Sitzplatzgeschichte beschreibst, ist also eine Beschämung durch Untätigkeit, die jemand anderes offenbart hat. Die Ursache der Scham aber liegt immer noch in der Untätigkeit. D.h., eigentlich ist vorher schon Scham da, die dann erst spürbar wird, wenn jemand anderes tätig wird?

Da muss ich gerade an viele Situationen denken, wo Untätigkeit eine Scham auslöst, die wir ganz oft und leicht verdrängen. Fleischessen angesichts von Massentierhaltung, gemütlich am Tisch in der eignen Wohnung sitzen, während in Flüchtlingszelten in Dresden keine humanitären Standards mehr gewährleistet sind. usw...
Beschämung
Möglicherweise war der Ansatz zur Scham, also ein latentes Bewusstsein der moralischen Fehlleistung bereits da, ja. In diesem Fall aber könnten sinnvollerweise auch Umstehende - ohne, dass ich mir selbst mein Fehlverhalten vergegenwärtigt bzw. mich dessenthalben geschämt hätte - meinen und sagen, dass ich beschämt worden sei. 'Beschämen' kann also in eigentlich sexuellen Kontexten nicht vorkommen; allenfalls in solchen, in denen zwar Sexualität praktiziert wird, es aber primär um das Befolgen von Regeln geht (z.B. kultureller oder einfach solcher, die beispielsweise das dom/sub-Raster vorgibt).
Profilbild
**o3 Mann
593 Beiträge
Psychologie ist das Kind der Philosphie
Ob Scham etwas erlerntes ist oder nicht ist ein Frage die sich nicht stellt.
Als soziales Wesen sind wir von der Gruppe abhängig. Wenn wir gegen die Regeln der Gruppe verstoßen sind unsere vitalen Interessen bedroht. Wir regieren mit einer Angst vor den Konsequenzen des entdeckten Fehlverhaltens. Scham!
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